Leros – Wechselbad der Gefühle
Hui, da spielt es sich ab. Das war der erste Eindruck bei der Einfahrt in den Hafen von Leros, genauer gesagt in den Hafen von Agia Marina. Wobei das vermutlich nur darauf zurückzuführen ist, dass es auf Leros einfach 10 Mal so viele Einwohner wie auf Lipsi gibt und dass der Hafen und die Durchfahrt durch den Ort winzig ist. Somit ist eben alles dicht gedrängt.

Unser Quartier haben wir gleich unterhalb einer Kirche, allerdings außerhalb der Ortschaften gefunden. Somit führte uns unser erster Weg zum Einkaufen in den nahegelegenen Hafenort Lakki. Der erste Eindruck bei einem kurzen Spaziergang war allerdings mehr als ernüchternd. Viele renovierungsbedürftige Häuser, kein Charme. Erst nach einer kurzen Recherche wurde uns klar, warum das so ist. Lakki ist eine Planstadt der Italiener aus den 30er-Jahren, die Insel gehörte damals noch zum Territorium Italiens. Jetzt wirkt die Stadt allerdings eher wie eine alte Filmkulisse, der etwas Renovierung nicht schaden täte.


Spuren der Italiener findet man auch an vielen anderen Orten auf Leros noch. Die Insel war im Zweiten Weltkrieg ein wichtiger Stützpunkt der Italiener, dazu gibt es ein eigenes Museum.
Nach diesen ersten Eindrücken sind wir am nächsten Tag zu einer abgelegenen Bucht gewandert. Eine Bucht wie gemacht für die Griechenland-Werbung. Der Blick vom Berghang einfach ein Traum. In der Bucht unten angekommen, nach einem etwas abenteuerlichen Abstieg durch die stechende Macchie und ohne Weg, dann allerdings die Ernüchterung. Der Strand leider einigermaßen vermüllt von allerlei Treibgut. Somit gab es nur einen kurzen Badestopp und wir machten uns wieder auf den steilen Rückweg.

Wir haben aber dann doch auch noch einen schönen Strand gefunden, der uns einen wunderbaren Badetag beschert hat. Allerdings endete auch dieser Tag mit sehr gemischten Gefühlen. Vom Strand aus sahen wir in der Bucht gegenüber eine große Ansammlung von weißen Gebäuden. Wir dachten zuerst an die Stromerzeugung für die Insel. Allerdings weit geirrt. Eine kurze Recherche später war klar. Es handelt sich um ein Auffanglager für Flüchtlinge, welches im Jahr 2021 hier eröffnet wurde. Wobei es wohl Auffang-Gefängnis besser trifft. Dieses „Geschlossene Auffanglager“ ist zurzeit mit über 1.000 Personen belegt und somit zu 95% ausgelastet.


Mit tiefer Dankbarkeit für unsere eigene Situation und die Gnade unseres Geburtsortes sind wir in Gedanken versunken zurück zu unserem Quartier gefahren.
Gemischte Gefühle gab es auch am Tag danach. Wir sind mit dem Auto in den Norden der Insel gefahren und haben dort die Kirche Agia Matrona-Kioura besichtigt. Diese Kirche hat eine besondere Geschichte. In der Zeit der griechischen Militärdiktatur (1967 bis 1974) gab es unweit der Kirche ein Lager für politische Gefangene. Die Gefangenen haben sich um die Kirche gekümmert. Sie neu gestrichen und das Kircheninnere mit Hagiographien bemalt.


Leros hat auch sehr schöne Seiten, vor allem die Windmühlen mit Blick auf Panteli sind schon fast kitschig. Unser Resumee fiel allerdings einstimmig aus. Die Insel wird bei unseren zukünftigen Reiseplänen keine Rolle mehr spielen.

