Tinos – Religion, Marmor und Nordwind
Von Andros ist man mit der Fähre in 1,5 Stunden auf Tinos. Ein Tavernenwirt auf Andros hat uns von Tinos bereits vorgeschwärmt, nun konnten wir uns selbst ein Bild machen.

Nachdem wir unser Quartier im kleinen Dorf Kato Klisma auf der Inselmitte bezogen hatten, galt der erste Besuch dem berühmtesten Ort von Tinos. Der Kirche Panagia Evangelistria oder auch Panagia Megalochari genannt. Diese griechisch-orthodoxe Kirche ist der berühmteste Marienwallfahrtsort Griechenlands. Wenn man so will, das Lourdes von Griechenland. Jedes Jahr (vor allem rund um den 15. August) machen sich tausende Pilger:innen auf den Knien vom Hafen aus auf den Weg hinauf zur Kirche. Der Weg ist dafür bereits extra mit einem Teppich ausgelegt. In der Kirche selbst gilt das Hauptaugenmerk der Pilger:innen der wundertätigen Ikone der Mutter Gottes, die im Jahr 1823 exakt an jener Stelle ausgegraben wurde, der vorher einer Nonne im Traum erschienen ist.

Neben dieser wichtigsten Kirche von Tinos gibt es auf dieser Insel noch weitere rund 750 Kirchen. Ein Zeugnis der großen Religiosität. Knapp ein Drittel dieser Kirchen ist Katholisch, was im sonst griechisch-orthodoxen Griechenland eine ziemliche Menge darstellt. Und noch etwas zu der riesigen Anzahl von Kirchen. Die Diözese Feldkirch in Vorarlberg zählt in etwa genauso viele Kirchen und Kapellen wie hier auf Tinos. Allerdings leben in Vorarlberg über 400.000 Menschen, hier auf Tinos sind es knapp 10.000.

Neben der Religion spielt Marmor eine große Rolle auf Tinos. Im Ort Pyrgos steht seit 1955 die Schule der Schönen Künste. Sie ist die bedeutendste Ausbildungsstätte für Marmorbildhauerei. Ebenfalls in Pyrgos befindet sich auch das Marmormuseum. Von der Bildhauerschule auf Tinos gibt es auch eine direkte Verbindung zum Linzer Mariendom. Die erste Steinmetzin am Mariendom, Evangelia Papathanasiou hat hier auf Tinos ihre Ausbildung zur Marmorbildhauerin absolviert.

Kommen wir schließlich zum dritten Thema dieses Artikels, dem Nordwind. Der bläst uns eigentlich seit der Ankunft auf Tinos um die Ohren. Bis auf ein paar Böen ist der Wind gut auszuhalten, allerdings ist er ziemlich frisch. Dies hat uns dazu verleitet, die Wanderschuhe zu schnüren und ein paar Wandertouren zu gehen, denn da sorgt der Wind für die richtige Abkühlung. (Es sei denn, die Pause im Schatten dauert zu lange.)

Tinos hat wie Andros ein dichtes Netz an gut markierten Wanderwegen. Die Geo-Tour führt dabei zu fantastischen Felsformationen und hatte für uns einen kleinen Höhepunkt. Denn der Weg führt durch das Dorf Mirsini und dort befindet sich mitten im Ort die urige Taverne „Tereza“. Also eigentlich ist es eine Mischung aus Kramerladen und Taverne. Aber das Essen schmeckt hervorragend und somit sind auch unter der Woche die Tische mit Einheimischen voll belegt.

Bei der Tour von Pyrgos weg hinunter zum Hafenort Panormos begegnet man einigen Windmühlen. Besonders wird der Weg allerdings auch hier durch den Marmor. Denn immer wieder sind ganze Marmorblöcke in die Steinschlichtmauern eingefügt oder Marmorplatten wurden überhaupt am Weg ausgelegt. Tja, wer kann, der kann.

Weiters haben wir es dem Nordwind zu verdanken, dass wir viele der fast 1.000 Taubenhäuser zu Gesicht bekamen. Die Taubenhäuser stammen noch aus der Zeit der Venezianer. Sie haben die Felsentauben zu Kommunikationszwecken mitgebracht. Doch die Tauben fanden in gebratener Form ihren Weg auch auf die Tische der Bewohner und die Hinterlassenschaften der Tauben dienten als Dünger für die Felder.
